Ich habe bisher
hauptsächlich über meine Arbeit hier geschrieben, aber natürlich habe ich
irgendwann auch mal Feierabend oder Wochenende. Am Anfang hatte ich da echt ein
bisschen Angst vor, weil ich einfach noch niemanden kannte und ich dann nach
der Arbeit eben nur so Dinge wie Wäsche waschen, einkaufen, aufräumen,
rumgammeln etc. vorhatte. Diese Dinge mache ich jetzt natürlich auch noch, aber
meine Freizeit ist um einiges stressiger geworden. Als Deutsche ist es hier
absolut kein Problem Leute kennenzulernen und manchmal habe ich das Gefühl, ich
kenne die halbe Disco, aber man muss hier echt vorsichtig sein und zwischen den
Leuten differenzieren. Das fiel mir am Anfang ein bisschen schwer, weil die
Bolivianer von Natur aus ein wirklich nettes Völkchen sind, aber mittlerweile
habe ich mir quasi eine Art „Freundeskreis“ aufgebaut. Ich will jetzt gar nicht
lang und breit beschreiben, was ich hier schon alles unternommen habe, aber ich
gebe euch mal einen kleinen Einblick. Viel mache ich zum Beispiel mit Shirley.
Sie habe ich über die Pfadfinder hier kennengelernt und sie war auch gut mit
meiner Vorfreiwilligen befreundet. Sie kommt zwar nie pünktlich, aber sie ist
super lieb und ich bin ziemlich froh, dass sie mir Cochabamba ein bisschen
näher bringt. Wir waren neulich zum Beispiel mit ihr, ihrem italienischen
Freund und einem Engländer im Kino und haben uns auf Englisch mit spanischem
Untertitel einen echt schlechten Horrorfilm angeguckt. Ansonsten gehen wir
öfter mal essen und natürlich auch feiern. Ein echtes Highlight war aber die
„Entrada“ (ein großer Umzug durch die Straßen mit gefühlten 1000 Tänzern) in
Tiquipaya (ein etwas ländlicherer Stadtteil von Cochabamba). Eigentlich wollten
wir mit Richy dem Engländer zu den Flüssen in Tiquipaya, aber unterwegs sind
wir an der Entrada vorbeigekommen und spontan ausgestiegen. Ich hatte so einen
Umzug zwar schon in La Paz einmal gesehen, aber diese Masse an Tänzern ist
einfach immer wieder überwältigend. Und natürlich hatte ich dieses Mal eine
„Einheimische“ dabei, die mir auch die Bedeutung der Tänze und der Kostüme
erklären konnte. Zum Beispiel ist hier der Glaube an den Teufel (vor allem in
den Bergbaugegenden um Potosi) sehr verbreitet. Dieser wird hier „Tio“, also
„Onkel“ genannt. Als Vermittler zwischen Mensch und Teufel gibt es in dem
Glauben einen „Oso“, einen Bären. Die Leute, die auf diesen Umzügen die Rolle
des Bären übernehmen, tun mir wirklich leid. Bei gefühlten 30 Grad müssen die
den ganzen Tag im dicken und flauschigen Bärenkostüm tanzen. Respekt! Aber auch
an die anderen Tänzer. Die Mehrheit der Tänzer trinkt während des Tanzens
Alkohol, viele kauen Cocablätter. Ohne diese „Energielieferanten“ würden die
meisten wohl, aufgrund der anstrengenden Tanzschritte oder der schweren Kostüme
und Instrumente, irgendwann umkippen. Ich selbst habe probiert, eine der
Kuh-Attrappen der Tänzer, die die Landbevölkerung darstellen, hochzuheben und
habe kläglich versagt. Ansonsten gehört zu einer Entrada natürlich auch
„Chicha“. Chicha ist ein traditionelles, aus Mais fermentiertes, alkoholisches
Getränk, das wohl bereits die Inka tranken. Die einheimischen Frauen stellen es
selbst her und es schmeckt so gut wie jedes Mal anders. Beim Chichatrinken muss man beachten, dass man nicht den ganzen Becher leer trinkt, sondern den letzten Schluck auf den Boden kippt. Dieser ist so zu sagen ein Opfer für "Pachamama". Pachamama ist quasi die Mutter Erde und gleichzeitig die wichtigste Gottheit des indigenen Glaubens.
Ansonsten war ich auch schon
mit der Klettergruppe eines anderen deutschen Freiwilligen (denn es gibt hier
viele, viele deutsche Freiwillige.. ) in Tarata, eine ländliche Gegend
außerhalb von Cochabamba, klettern und habe auch hierbei kläglich versagt. Also
saß ich die meiste Zeit in der Sonne und habe zugeguckt.
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| Nichts für Menschen mit Höhenangst ;) |
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| Klettern in Tarata |
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| "Entrada" in Tiquipaya |
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| Richy und ich mit einem "Oso" |
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| Eine verdammt schwere Kuh!!! |
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| Shirley beim Chichatrinken |
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| Chicha für Pachamama |
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| Das Volk aus dem Urwald |
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| Ja, ich wurde zum Tanzen gezwungen ;) |
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| Fragt mich nicht, warum die beiden diese "Opa-Masken" tragen.. Ich hab keine Ahnung! |
Den Großteil meiner Wochenenden
verbringe ich aber mit Leonie, einer Freiwilligen von meiner Organisation, die
aus Hildesheim kommt und auch schon mit mir Sprachkurs in La Paz hatte. Sie
arbeitet in einem Internat in einem kleinen Dorf 4 Stunden von Cochabamba
entfernt und kommt mich jedes zweite Wochenende (oder auch öfter.. ) besuchen.
Sie schläft dann immer bei mir und auch wenn wir natürlich Bolivien
kennenlernen sollen und wollen, bin ich doch immer ganz froh, jemanden zu
haben, der in der gleichen Situation steckt wie du und der deine Sprache
spricht. Wir haben auf jeden Fall immer ziemlich viel Spaß und ich freue mich
schon aufs nächste Wochenende, denn Freitag ist Feiertag und wir wollen über
das verlängerte Wochenende wegfahren. Einzelheiten folgen! :)